Brücken bauen
Brücken bauen zu Andersdenkenden in Zeiten von Corona
 
18 Menschen kamen zusammen unter meinem großen GEJO-DOME-Dach, das nach allen Seiten offen ist.
Die Idee zu dieser Zusammenkunft war, die festgefahrene Polarisierung aufzulockern, die im Moment in der gesellschaftlichen Debatte vorherrscht.
(Ist es überhaupt eine gesellschaftliche Debatte?
 
 
Oder handelt es sich nicht vielmehr um ein gesellschaftliches Sich-Anschreien und Beschuldigen?)
 
Stephan und ich hatten diese Veranstaltung vorbereitet.  5 Brücken wollten wir bauen mit jeweils 2 Pfeilern, die die polaren Standpunkte darstellen.
Jeder Pfeiler sollte zunächst ungehindert seine/ihre Position aussprechen können. Die Aufgabe der anderen war das ZUHÖREN. Das VERSTEHEN OHNE EINVERSTANDEN SEIN ZU MÜSSEN.

 

Die 5 geplanten Brücken waren:

  • Die Gefährlichkeit von Viren/ die Gefährlichkeit von Covid 19 – Sind sie gefährlich oder gehören sie einfach zum Leben dazu wie seit eh und je?
  • Die Maskenpflicht – ist sie sinnvoll oder macht sie gar keinen Sinn?
  • Impfungen gegen Covid 19 – sind sie der Ausweg aus der Pandemie-Situation oder richten sie eher Schaden in unserem natürlichen Immunsystem an?
  • Die Maßnahmen der Regierung – sind sie sinnvoll zum Schutz der Bevölkerung oder stehen nicht vielleicht ganz andere Interessen dahinter?
  • Die sozialen Auswirkungen der Kontaktbeschränkungen – nehmen wir sie in Kauf, weil wir einen Sinn darin erkennen oder ist der psychische Schaden/ die Einsamkeit /der Anstieg der Depressionen nicht viel größer als der Nutzen?

 

Letztendlich haben wir in Anbetracht der jahreszeitlichen Kälte nur drei dieser Brücken gebaut (die erste, die zweite und die fünfte) – doch war dieser Bauvorgang lohnenswert lebendig und zeitweise ausgesprochen berührend.
Lebendige soziale Prozesse zu beschreiben ist schwierig bis unmöglich.
So kann ich hier nur Streiflichter auf das Geschehen werfen:
 
Spannend war, wieviel Bewegung es gab!
Unsere Einladung an die Teilnehmenden war es, dass sie sich positionieren können zwischen den beiden Pfeilern, wenn diese mit ihrer Rede fertig sind. Wo auch immer es sich gerade im Moment richtig anfühlt, möge sich, wer mag, aufstellen.
 
Da kam eine Bewegung in Gang, ein Ausprobieren, ein Wechseln, ein Nachspüren. Dann sprachen Einzelne aus ihrer eingenommenen Position heraus und erzählten, warum sie sich dort aufgestellt hatten. Auf diese Weise kam so Vieles zur Sprache, was in dieser Corona-Zeit zu Tage tritt: Die Angst vor dem Virus, die Angst vor den Anderen, die Angst vor dem Tod, Verunsicherung, Verwirrtheit, Unverständnis, die Chancen, die in einer Lage stecken, die es zuvor in einer solchen Weise auf diesem Planeten noch nie gegeben hat und Vieles, Vieles mehr. Auch die Sehnsucht nach einem Ort (in uns? In der Gruppe? Außerhalb der Gruppe?), an dem Ruhe gespürt werden kann, Entspannung. Gehört zu Gesundheit auch Lebensqualität? Oder gibt es überhaupt Gesundheit ohne Lebensqualität?
 
Ist es nicht bereits schon Kriegsführung, wenn in der Schulmedizin vom KAMPF GEGEN den Virus gesprochen wird? Was ändert sich an unserem Umgang mit der derzeitigen Lage, wenn wir uns FÜR GESUNDHEIT einsetzen, anstatt GEGEN KRANKHEIT?
 
Der für mich berührendste Moment war Folgender:
Zum Thema Maskenpflicht hatten zwei Menschen sichtlich bewegt erzählt, wie furchtbar es sich anfühlt, wenn die Gesichtszüge der Mitmenschen nicht mehr zu sehen sind, wenn das zwischenmenschliche Geschehen wahrgenommen wird, wie ein Visier-Hochklappen. Ein anderer, der das Tragen von Masken eindeutig befürwortete (und auch selbst gerade eine Maske trug), machte seine Motivation deutlich: er setze die Maske nicht auf, um sich selbst zu schützen, sondern um das Gegenüber zu schützen, denn er wisse ja nicht, ob er das Virus bereits in sich trage und das könne niemand wissen.
Hier wurde ein zwischenmenschliches Missverständnis offenbar: eine als Fürsorge gemeinte Aktion wird als feindliches Sich-Wappnen angesehen.
Und der bewegende Moment für mich war, als derjenige, der die Maske trug, diese an diesem Punkt des Gesprächs abnahm, um seine Gesichtszüge sichtbar zu machen.
Da war sich zugehört worden.
 
In der Abschlussrunde hörte ich von Einigen Dankbarkeit , Hoffnung und Zuversicht. Und den Wunsch, eine weitere Veranstaltung dieser Art nach einer gewissen Zeit durchzuführen.
Das hat mich gefreut.
Für mich war diese Veranstaltung ein kleiner Beitrag zum Aufbau einer Friedenskultur.